Meine Arbeit basiert zu einem großen Teil auf Archivmaterial. So bleiben regelmäßige Archivaufenthalte nicht aus. Mir wurde geraten, die meiste Archivarbeit in der Schwangerschaft abzuschließen. Leider war mir das aus verschiedenen Gründen nicht möglich. Daher blieb mir nichts anderes übrig, als meine vier Monate alte Tochter mit ins Archiv zu nehmen.
Unser Archivalltag
Damit ich wirklich zum Arbeiten komme, ist Florian mitgefahren. Er betreute Emilia während der Stillpausen. Wir haben uns eine Wohnung in der Nähe des Archivs genommen, damit Florian im Zweifel immer schnell bei mir ist oder ich schnell in der Unterkunft bin. Unser Plan war folgender: Ich gehe morgens von 06:00 Uhr bis 09:00 Uhr ins Archiv, komme dann wieder, wir frühstücken, ich stille. Danach geht es wieder ins Archiv bis 12:00 Uhr, dann Mittagessen und stillen und anschließend noch einmal eine Nachmittagseinheit. Emilia geht um 18:00 Uhr ins Bett, das heißt spätestens um 17:00 Uhr wollte ich bei ihr sein. Funktioniert hat das natürlich nicht.
Warum? Also morgens um 06:00 Uhr bin ich nie ins Archiv gekommen, da gerade in dieser Woche unsere Nächte total katastrophal waren. Teilweise war Emilia jede Stunde wach. Ich war dann also jeden Tag erst um 09:00 Uhr etwas übermüdet im Archiv und habe dann auch gut bis 12:00 Uhr gearbeitet. Dann kam Florian, wir haben gestillt und Mittag gegessen. Die Nachmittage haben dann leider auch nicht mehr funktioniert. Emilia wollte die Flasche nicht und irgendwann auch nur noch bei mir sein. Ich habe sie also ins Tragetuch gepackt und mit ins Archiv genommen. So hatte ich zwei Tage lang immer mal wieder ein Kind vor der Brust beim Durchsehen der Akten. Ging auch. War nur anstrengend.
Sind Archive überhaupt kinderfreundliche Orte?
Ein Großteil meines Materials liegt im Freiburger Bundesarchiv. Ich habe großes Glück, dank einer Kooperation mit dem ZMSBw (Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr) einen separaten Arbeitsplatz im Archiv zu haben. Die meiste Zeit sitze ich allein im Raum. Schon während der Schwangerschaft wurde mir von der zuständigen Koordinatorin angeboten, mein Kind gern mit zu bringen.
Ein Ort wird dann kinderfreundlich, wenn die dort arbeitenden Personen bereit sind, auf die Bedürfnisse von Familien einzugehen und sich von Kindern nicht per se gestört zu fühlen. Egal ob im Archiv, oder irgendwo anders. Es gibt in den meisten Archiven, würde ich behaupten, keine Wickeltische, Stillräume oder Kinderspielzimmer. Aber all das brauchten wir auch nicht. Verständnisvolle Mitarbeiter*innen sind viel wichtiger. Wickeln können wir sie auch auf dem Tisch und zum Stillen brauche ich lediglich einen ruhigen Raum.
Pragmatisches Arbeiten ohne Kaffeepause
Weiterarbeiten im Baby funktioniert, aber nur wenn man stets kreativ und willig bleibt, Pläne komplett über den Haufen zu werfen. Ich nehme mir gern viel vor und habe jetzt gelernt, nicht enttäuscht zu sein, wenn ich nur die Hälfte schaffe. Für Emilia war das eine turbulente Woche. Immerhin hat sie gelernt sich zu drehen und (aus unserer Sicht) einen großen kognitiven Schritt gemacht. Darum hat sie schlecht geschlafen und wollte öfters trinken. Wann das passiert, kann man nicht planen.
Am Ende habe ich einfach alle wichtigen Stellen in den entsprechenden Akten fotografiert. Interessante, aber für meine Arbeit irrelevante Blätter habe ich nicht gelesen. Die Möglichkeit Akten zu fotografieren und zu Hause genauer durchzuarbeiten ist gerade in meiner derzeitigen Lebenssituation essenziell. Sogar essenzieller als ein Wickeltisch im Archiv. Eine Kaffeeplauderpause mit den Archivmitarbeiter*innen gab es für mich auch nicht. Dafür habe ich jetzt eine ganze Ladung an Arbeit mit nach Hause genommen und freue mich schon die fotografierten Akten in den nächsten Nächsten durchzuarbeiten.
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