Dieser Artikel erschien als Gastbeitrag auf www.dierabenmutti.de
Zu meiner Arbeit als Doktorandin gehören regelmäßige Reisen. Ums ins Archiv, zu Konferenzen oder an mein Institut zu kommen muss ich einige Stunden Bahnfahrt auf mich nehmen und im Zweifel außer Haus übernachten. In den ersten Monaten habe ich meine Tochter immer mitgenommen. Mittlerweile fahre ich allein und fühle mich nicht immer gut dabei.
Fragen über Fragen
Es ist wieder soweit. Bald steht ein Seminar an und ich muss für einige Tage und Nächste wegfahren. Das Seminar ist wichtig für meine Arbeit. Ich spüre den Druck. Es sind 5 Tage und 5 Nächte, die längste Zeit, die ich je von meiner kleinen Babytochter getrennt war. Sie ist jetzt 11 Monate. Bisher beliefen sich meine zwei Reisen mit Übernachtung auf eine und das andere Mal zwei Nächte. Emilia stillt kaum noch und nimmt gern die Flasche. Ich bin Meisterin im Abpumpen. Sie kennt den Papa gut, schließlich war er von Geburt an täglich bei ihr und ist, genau wie ich, ihre erste Bezugsperson. Sorgen um ihr Wohlergehen muss ich mir nicht machen. Meine letzte Reise verlief super, sie hat nicht geweint und sich verhalten wie immer. Trotzdem sind in meinem Kopf tausend Fragen. Wie sehr vermisst sie mich? Versteht sie, warum ich ein paar Tage weg bin? Ist sie vielleicht sogar enttäuscht mich so lang nicht zu sehen? Geht es ihr wirklich gut?
Gefühlschaos
Neben all den Fragen gibt es dann noch meine ganz eigenen Gefühle. Ich vermisse sie, wenn sie nachts nicht neben mir liegt. Egal wie oft ich aufwache und wie wenig ich schlafe. Ich vermisse ihren Geruch, ihr Lachen, unsere gemeinsame Spiele. Ich vermisse ihre Freude und kindliche Gelassenheit. Noch vor einem Jahr hätte ich nicht geglaubt, dass es mir so schwer fallen würde von ihr getrennt zu sein. Es fühlt sich an, wie frisch verliebt zu sein und die geliebte Person einfach nicht sehen zu dürfen. Nur dauerhaft. Manche mögen jetzt sagen: Du musst loslassen. Du kannst sie nicht ewig an dich binden. Es sind doch nur ein paar Tage. Ja, das stimmt. Aber sie ist noch ein Baby und ich bin erst seit einem Jahr Mutter. Diese Gefühle beschreiben nicht ein Übermuttern meinerseits, sondern viel eher ganz normale Gefühle von Liebe und Zuneigung zum eigenen Kind. Ich weiß das. Und umso schwerer fällt es mir eine Entscheidung zu treffen.
Vielleicht gewöhnt man sich auch daran? Zumindest ist es das, was einem einige Menschen entgegnen, denen ich versuche meine Gefühle zu schildern. Nun, ich weiß es nicht. Wahrscheinlich wird es zur Gewohnheit je öfter man es macht. Sicherlich werden wir auch in einigen Jahren, wenn die Kinder größer sind mal einige Tage allein wegfahren. Oder die Kinder fahren allein mit den Großeltern weg. Ich glaube dann wird es leichter. Der Unterschied ist, jetzt kann Emilia mir noch nicht sagen, wie sich meine Abwesenheit für sie anfühlt. Sie versteht noch nicht, dass ich auf jeden Fall wiederkomme wenn ich mehrere Tage weg bleibe. Und der Gedanke quält mich.
Es bleibt ein Dilemma
Und jetzt? Spontan würde ich sagen, die einfachste Lösung wäre, ich nehme einfach an allen Treffen via. Internet teil. Ich halte meine Vorträge auf Skype, mache Webinare statt Schreibseminare vor Ort und Besprechungen per Telefon. Abgesehen vom fehlenden Angebot, geht das einfach nicht immer. So schön wie Homeoffice-Arbeit ist, manchmal muss man doch unter Menschen und ein Face-to-Face Gespräch führen. Manchmal zählt die Atmosphäre.
Das lange Seminar über fünf Tage werde ich wohl absagen. Ich fühle mich noch nicht bereit und ich glaube, wenn mein Gefühl mir sagt, das ist zu lang, sollte ich darauf hören. Vielleicht bringt es mir Nachteile im Schreiben meiner Doktorarbeit. Aber ich bin mir sicher, ich werde nicht bereuen stattdessen neben meiner Tochter einzuschlafen. Was sind Eure Erfahrungen?
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Liebe Janine,
ein schöner Artikel! Ich fühle mich sehr angesprochen, da es mir immer genauso erging. Ich habe es vermieden ohne meine Kinder wegzufahren. Je älter meine Kinder geworden sind, desto leichter ist es mir gefallen, mal alleine wegzufahren.
Auch ich habe die „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ als Thema für meinen Blog gewählt: http://berufung-und-familie.de/
Viele liebe Grüße
Susanne
Liebe Janina,
Du sprichst mri aus der Seele. Ich bin ebenfalls Doktorandin, in den Endzügen (mal-mehr-mal-weniger) und meine Tochter ist 11 Monate. Zur Zeit fremdelt sie extrem und weit bitterlich, wenn ich sie zu Ihrer Tagesoma bringe. Ich habe ebenfalls ein Seminar, welches Übernachtungen beinhaltet abgesagt. Ich dachte ich sage ab, weil es mir zu viel wird, und noch andere Termine anstehen. Ich hab erst durch deinen Artikel verstanden, warum ich wirklich abgesagt habe… Meine Tochter braucht mich jetzt, mindestens genau so sehr wie ich sie.
Liebe Katrin, es tut gut zu hören, dass es anderen genauso geht wie mir. Gerade von Nicht-Eltern erntet man dafür nicht immer Verständnis. Mittlerweile versuche ich wirklich viele Dinge irgendwie digital zu erledigen und wenn nun doch mal eine Übernachtung ansteht, halte ich mir die „Exit-Option“ immer offen. Meine Tochter ist mittlerweile fast zwei Jahre, aber mein kleiner Sohn erst fünf Monate und da fällt es mir natürlich gar nicht leicht selbst ein paar Stunden von ihm getrennt zu sein. Ich wünsche dir viel Erfolg in der letzten Phase der Diss!